- 1. August 2024
- Julia Krumm
Neues aus dem Alltag der aufgewecktesten Agentur Düsseldorfs: Wie man besseren LinkedIn Content erstellt: 3 wichtige Tipps & unsere Learnings.
Verbotene Stadt hin oder her: Wenn ein Event wie die DMEXCO ruft, fahren wir auch mal nach Köln. Schließlich warteten zwei Tage voller Insights rund um KI-Entwicklung, Brandbuilding, Agency Trends und Employee Experience auf uns. Und obwohl Lea, Louisa und ich allerhand Input mitgenommen haben, den ich jetzt mit euch teilen könnte, habe ich mich gegen einen klassischen Recap der Veranstaltung entschieden.
Denn fast auf den Tag genau war es beim Kick-off der DMEXCO am 18.9.2024 sechs Monate her, dass ich nach dem Besuch der SXSW aus Texas an meinen Schreibtisch zurückkehrte. Wieso also nicht die beiden Konferenzen miteinander vergleichen? Dafür gäbe es viele Ansatzpunkte: die Organisation, die Atmosphäre, das Networking … aber ich konzentriere mich auf die Diskussionen rund um Künstliche Intelligenz. Schließlich war KI eines der Top-Themen der SXSW und mit #PromptingtheFuture sogar Motto der DMEXCO. Wurden die gleichen inhaltlichen Schwerpunkte rund um die Technologie gesetzt oder gab es unterschiedliche Perspektiven? Vom Versuch, diese Fragen zu beantworten:
Es ist keine Überraschung: AI hat uns in eine Zeit rasanten Wandels geführt und wir alle müssen enorm flexibel sein, um hinterherzukommen. Diese „Getriebenheit“ war auch auf der DMEXCO spürbar … die Medienbranche hat in Sachen KI FOMO. Dabei – so der Konsens in Köln – sind Unternehmen, Agenturen und Marken größtenteils auf dem gleichen Stand: Wir experimentieren mit Künstlicher Intelligenz, machen einzelne Aufgaben effizienter und loten langsam aus, welche substanziellen Veränderungen wir vorantreiben müssen. Doch das kann nicht von heute auf morgen geschehen. Das sollten wir uns immer wieder vor Augen halten und uns nach und nach strategisch den nächsten Schritten widmen. Bedeutet vor allem: die nötigen Infrastrukturen aufsetzen und Mitarbeitende schulen. Die Prognose? In drei bis fünf Jahren wird AI so ganz selbstverständlich zu unserem Arbeitsalltag gehören.
Ein Appell an Agenturen ist mir in den Diskussionen besonders hängen geblieben: Nehmt die Kunden mit auf euren Weg. Sie müssen verstehen, dass Artificial Intelligence kreative Wertschöpfung zwar effizienter macht, aber nicht in Sekundenschnelle perfekten Output generiert. Vielmehr schafft sie Raum dafür, innovative(re) und kreative(re) Ergebnisse zu liefern. Sie soll uns unliebsame, automatisierbare Aufgaben wie Reportings oder Briefings abnehmen, damit wir unsere wertschöpfenden Tätigkeiten perfektionieren können.
Texas calling: Da klingelte dann auch die Erinnerung an mein SXSW-Highlight, den Fireside Chat mit Peter Deng (Head of ChatGPT), bei mir. Er beschrieb die KI damals als Werkzeug, das uns erlaubt, uns auf das zu fokussieren, worauf es wirklich ankommt.
Tatsächlich sieht die Realität aktuell jedoch (noch) anders aus: Content Creation ist eines der größten Anwendungsfelder für Künstliche Intelligenz in Kommunikation und Marketing. Das Problem: Viele, die wenig Erfahrung in unserem Fach haben, nutzen AI und produzieren massenweise Content, die beliebig und generisch wirken. Immerhin stammen sie alle aus der gleichen Quelle und werden häufig 1:1 übernommen. Dabei geht es uns doch darum, Inhalte zu schaffen, die begeistern und niemand verpassen will. Kurz: Klasse statt Masse. Passend dazu Carsta Müllers Reminder: Wir sollten keinen Content machen, nur weil im Redaktionsplan ein Posting vorgesehen ist, sondern weil wir wirklich was zu sagen haben. Dazu müssen wir verstehen, was unsere Zielgruppe bewegt. Hier stößt KI an ihre Grenzen. Natürlich kann sie Daten analysieren, die uns Einblicke in Verhalten und Vorlieben unserer Zielgruppen liefern, aber Geschichten, die wirklich berühren, brauchen Einfühlungsvermögen, Emotionalität sowie sozialen und kulturellen Kontext.
In der Flut austauschbarer Inhalte könnte laut Martin Nitsche und Dr. Torsten Schwarz, die auf der DMEXCO die Studie Digital Marketing Benchmarks 2024 vorgestellt haben, ein Grund für die auf allen Plattformen sinkenden Engagement Rates liegen: Es macht einfach keinen Spaß, mit lieblos generiertem Content zu interagieren.
So kleinteilig wurde Artificial Intelligence auf der SXSW nicht diskutiert. Ein Festival, das sich mit Musik, Film, Medien und generell gesellschaftlichen Trends beschäftigt, muss diesen Anspruch auch nicht haben. Die DMEXCO hingegen dreht sich um einen spezifischen Einsatzbereich und kann diesen folglich in all seinen Facetten darstellen. Das führt aber auch dazu, dass dabei auch vermehrt die Grenzen und potenziellen Risiken der KI-Technologie thematisiert werden. Was mich zu meinem nächsten Punkt führt.
In Texas, so mein Eindruck, herrschte eine größere Offenheit für Künstliche Intelligenz. Das hatte ich auch so erwartet. Schließlich wird der amerikanischen Kultur eine starke Akzeptanz neuer Technologien zugeschrieben. Doch je länger ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, dass diese Haltung auf der SXSW weniger kulturell bedingt war, sondern eher der oberflächlicheren, weil allgemeineren Auseinandersetzung geschuldet war.
Die Community der DMEXCO ging nicht nur stark in die Tiefe, sondern formulierte auch konkrete Forderungen. Gerade in Zeiten von Fake News sind wir dafür verantwortlich, dass die Quellen unserer Inhalte vertrauenswürdig sind. Um das sicherzustellen, braucht es Richtlinien zum Umgang mit AI, die Transparenz und Kontrolle gewährleisten – und vor allem auch menschliche Qualitätssicherung vorsehen. Solch ein einheitlicher Ansatz fehlt der Medienbranche noch, sollte aber zeitnah gemeinsam entwickelt werden. Und vielleicht hat die DMEXCO hier erste Impulse gesetzt, denn gleich mehrere Speaker sprachen sich z. B. gegen die Nutzung von KI-generierten Gesichtern und Figuren in der Kommunikation aus.
Dem entgegen stehen die Beobachtungen und Prognosen von Ann-Katrin Schmitz – Kopf hinter „Baby got Business“. Die Social-Media-Expertin zeigte auf, dass 46 % der GenZ offen gegenüber AI-Influencern sind. Denn sie legen – im Gegensatz zu Millennials und Boomern – bei einer Kaufentscheidung weniger Wert auf Authentizität als auf Sichtbarkeit und Frequenz. Je öfter sie unterhaltsamen, inspirierenden oder relatable Content in ihren Feeds sehen, desto eher würden sie einer Kaufempfehlung folgen. Und diese muss für sie eben auch nicht mehr von einem „echten Menschen“ stammen.
Das liegt daran, dass wir uns von den Ursprüngen der sozialen Medien entfernt haben. Oder wie Autorin Tara-Louise Wittwer in einer Session zum Community-Building sagte: „Als Influencerin bin doch nicht ich als Person relevant, sondern die Werte, für die ich stehe.“ Während es zu Beginn von Social Media noch darum ging, Menschen zu folgen, die wir kennen oder denen wir vertrauen, werden uns durch Algorithmen heute vermehrt solche Inhalte in die Feeds gespült, die unseren Interessen und Ansichten entsprechen. Das bedeutet gleichzeitig, dass der Mensch dahinter austauschbar wird, solange das, was wir sehen, unseren Interessen entspricht.
Ann-Katrin Schmitz schließt damit, dass wir – allein wegen der enormen Kosten für Entwicklung bis hin zum Einsatz (50.000 bis 245.000 Dollar) – von einer Realität, in der KI-Influencer die Norm sind, noch weit weg sind, aber je nach Zielgruppe einer Marke sollte diese Entwicklung langfristig mitgedacht werden.
Einen leichteren Einstieg ins Thema hat PENNY gewagt: Die Supermarktkette nutzt seit einem Jahr Artificial Intelligence, um individuelle Audio-Erlebnisse zu schaffen und damit Nähe zur Kundschaft herzustellen. Eine eigens entwickelte PENNY-Stimme wird sowohl im Radio als auch in den In-Store-Durchsagen eingesetzt, um Filialnamen und Standorte individuell einzubinden sowie Werbung abhängig von Wetter oder Lagerbestand auszuspielen. Bei über 2.000 Filialen wäre die Erstellung solcher Spots extrem aufwendig.
Best Cases hatte die SXSW ebenfalls zu bieten. Viele Unternehmen präsentierten verschiedenste KI-Tools und zeigten, wie Künstliche Intelligenz etwa in Gesundheitssysteme integriert werden, den Datenschutz verbessern, oder Einsamkeit bekämpfen kann.
Zusätzlich diente die DMEXCO auch als Bühne, um neue Angebote und Innovationen vorzustellen. So setzen zukünftig sowohl TikTok als auch Pinterest auf KI-optimierte Werbemöglichkeiten – sei es bei der Automatisierung von Kampagnen oder bei der Gestaltung von Anzeigen. Beide Kanäle gewinnen im Konsumverhalten der GenZ an Bedeutung und werden bald spannende Features einführen, die sie als Marketing-Plattformen aufwerten und für Werbetreibende attraktiver machen.
In Summe wurde KI auf der DMEXCO also sehr differenziert und tatsächlich etwas anders als auf der SXSW betrachtet. Mein allgemeines Fazit zum Status Quo der AI im Marketing? Allen ist klar, dass die Technologie bleiben wird, aber langsam legt sich der anfängliche Hype und es ist nun an uns als Branche, die Potenziale von KI sinnvoll und strategisch zu nutzen. Ob sich diese Erkenntnis mit Louisas Erfahrungen von der DMEXCO deckt, hört ihr in Folge 73 unseres Agentur-Podcasts „Kurzer Freitag“ (VÖ: 27.9.2024).