JOMO statt FOMO: Unser Recap der SXSW 2024
Wenn zur Eröffnung einer Konferenz einer von vier Tipps lautet „Lasst euch auf die Joy of Missing Out ein“, dann gibt das einen guten Eindruck davon, wie breitgefächert das Programm sein muss. Nach ihrem Besuch in Austin auf der South by Southwest (kurz SXSW), die sich rund um Film, Musik, Kultur, Marketing und noch viele weitere Themen drehte, können Chrissy und Moody nur bestätigen, dass es sich absolut lohnt, die eigene FOMO abzustellen. Und ihre fachlichen und ganz persönlichen Tops und Flops beweisen, dass sie trotzdem eine Menge mitgenommen haben. Lest selbst:
Von KI und Datenschutz: Unsere spannendsten Erkenntnisse der SXSW 2024
Chrissy: Fachlich gehörte die Session mit Peter Deng, dem Head of ChatGPT zu meinen Favoriten. Darin kamen einige durchaus kritische Fragen auf den Tisch, was es für das Publikum deutlich interessanter machte, als einer reinen Werbeveranstaltung zu lauschen. Die Chemie zwischen Deng und Moderator Josh Constine stimmte und so ließ sich dem Fireside Chat unglaublich gut folgen. Kurz gesagt: Ich war hin- und hergerissen zwischen zuhören/-gucken und mitschreiben, obwohl keine neuen Erkenntnisse zu ChatGPT selbst vermittelt, sondern vielmehr praktische und philosophische Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) debattiert wurden. In diesem Kontext beschreibt Deng KI als eine Art Sparringspartner, die uns dabei helfen soll, Probleme und Fragestellungen ausführlich zu durchdenken und das Beste aus uns herauszuholen. Beispiel: Durch KI lassen sich Grenzen wie etwa mangelndes Mathe-Know-how überwinden, die noch vor 50 Jahren eine Karriere in bestimmten Berufen unmöglich gemacht hätten. So wird KI seiner Meinung nach auch zu einem bedeutenden Faktor für Chancengleichheit. Anknüpfend an diese Einordnung, teilte Deng seine Sichtweise darauf, wie sich KI-Kompetenz ausbilden lässt, welches digitale Angebot er seinen Kindern am ehesten frei zugänglich machen würde, wer die Verantwortung für Fehler einer KI trägt, wie es um die Urheberrechte bestellt ist und ob Kunstschaffende, deren Werke zum Training von KI genutzt werden, dafür eine Vergütung erhalten sollten. Die Antworten gibt’s im Podcast, mein Fazit schon jetzt: Große Empfehlung, sich den Mitschnitt des Talks anzuschauen.
Moody: Für mich war es definitiv die Session „Privacy-in-Progress: Redefining the Boundaries of Being Online“ mit Tracy Chou von Block Party. Hand aufs Herz: Wann habt ihr das letzte Mal die Datenschutzrichtlinien einer Website oder auf Social Media gelesen? Ich finde Privatsphäre ist ein sehr wichtiges Thema, speziell auch im Internet. Jedoch hat Tracy Chou mir noch einmal vor Augen geführt, wie komplex die Handhabung von Datenschutzrichtlinien weltweit ist. Aktuell ist es laut einem Report in den USA zum Beispiel so, dass es 47 Stunden dauern würde, um die Richtlinien der 20 meistbesuchten Webseiten pro Monat zu lesen. In der EU braucht es in der Regel noch mehr Zeit, da unsere Datenschutzrichtlinien länger sind (ja, speziell in Deutschland). Für 137 Länder weltweit gibt es bereits Gesetze und Regularien zum Datenschutz. Woran hakt es also laut Tracy, dass die Richtlinien trotzdem so lang und verwirrend sind? Uneinheitlichkeit! Sowohl Regierungen als auch soziale Medien haben ihre eigenen Regeln, was unausweichlich für Komplexität sorgt. Es muss eine einheitliche Linie gefahren werden, ein leichteres Design geboten werden und zeitlich weniger aufwändig sein, damit wir alle diese Richtlinien nicht einfach nur wegklicken, wenn sie auf dem Bildschirm erscheinen.
Nicht überall was mitgenommen – auch das ist die SXSW
Chrissy: Selbstverständlich standen auf meiner Agenda auch einige Sessions mit Marketing-Fokus. Denen fehlte aber der unterhaltsame Schlagabtausch und auch die übergreifenden Messages waren jetzt nicht neu: Es ist wichtig, eurer Zielgruppe zuzuhören und sie da abzuholen, wo sie gerade steht, unvergessliche Erlebnisse zu schaffen, crossmedial zu denken und verschiedene Touchpoints zu nutzen, und nicht nur Trends hinterherzulaufen, sondern immer authentisch zu bleiben. Alles schon mal gehört. Liegt aber vielleicht auch einfach daran, dass ich selbst Expertin dafür bin und mich täglich damit beschäftige.
Moody: Mein Flop bezieht sich auf die ein oder andere Session, die zu sehr auf den amerikanischen Raum ausgelegt war, wodurch mein Interesse einfach verloren ging. Für eine Konferenz mit großem internationalen Publikum sollte in solchen Sessions ebenfalls die globale Mehrheit angesprochen werden, denn das eine schließt das andere ja nicht aus!
On a Personal Note: Unsere besten Momente auf der SXSW 2024
Chrissy: Mein persönliches Highlight war dieser ganz andere Vibe, den die SXSW im Vergleich zu den Konferenzen in Deutschland und Österreich hat, die ich bisher besucht habe. Damit meine ich nicht nur die Offenheit der Teilnehmenden (habe unglaublich viele Komplimente für meine Outfits bekommen 🥰), sondern auch, dass die Inhalte wirklich in die Tiefe gingen. Tatsächlich habe ich bisher auf keiner anderen Veranstaltung so viele Menschen gesehen, die sich Notizen gemacht haben. Teilweise waren die Sessions sogar so deep, dass einmal ein Teilnehmer eine Frage stellte und dabei zu weinen anfing, weil ihn das Thema (Wie die Wiederbelebung ausgestorbener Tierarten dabei hilft, Arten zu retten) so bewegt hat.
Moody: Anknüpfend daran: Ich habe zwar auch einige Fragen in den Sessions gestellt, war aber nicht der Herr, der geweint hat. Ich kann Chrissy jedoch hier auch nur zustimmen und teile ihre Meinung zum Vibe. Positiv überraschend fand ich die vielen Sessions zu Mental Health, Psychologie und Gesundheit, speziell mit den Verknüpfungen zur KI. Aber … neben persönlichen Highlights wie Mark Rober, Guy Kowalewski, Mark Cuban und Sydney Sweeney war mein Haupt-Highlight der Networking-Aspekt der SXSW. Der internationale Charakter der Konferenz bietet ein sehr offenes Klima, weswegen man oft einfach angesprochen wird bzw. leicht ins Gespräch kommen kann. Unterschiedliche Fachleute aus aller Welt kennenzulernen und sich mit ihnen auszutauschen, war also eins meiner Tops! Das größte persönliche Highlight gibt es aber nur im Podcast zu hören. 🤫
Was uns auf der SXSW gefehlt hat und worauf wir hätten verzichten können
Chrissy: Einen echten persönlichen Flop kann ich gar nicht benennen, aber in der Keynote zum Weltfrauentag mit Meghan, Herzogin von Sussex, Brooke Shields, Katie Couric, Errin Haines und Nancy Wang Yuen fehlte mir ein entscheidender Aspekt. Die fünf Frauen beleuchteten den Einfluss der Medien auf die Entwicklung und Wahrnehmung von Frauen, aber auch Themen wie Sexualisierung und Altersdiskriminierung. Alleine durch die Besetzung des Panels (Mütter und PoC) wurde auch Intersektionalität eine Bühne geboten und deutlich gemacht, wie sinnvoll die Abbildung verschiedener Lebensrealitäten in den Medien ist. Dafür erstmal ein dicker Pluspunkt! Im Laufe des Gesprächs betonten die Speakerinnen aber vor allem, wie wichtig es ist, junge Frauen so zu erziehen, dass sie für sich und ihre Rechte einstehen, sich gegenseitig zuhören, verschiedene Blickwinkel einnehmen und gemeinsam die Reichweite ihrer collective voice, aber auch von Social Media für das Positive nutzen. Dennoch wurden abseits von recht allgemeinen Verweisen auf das Umfeld und die Bedeutung von dessen Unterstützung für den Aufbau von Resilienz, aber nie direkt auch junge Männer adressiert. Dabei halte ich es für elementar, gerade ihnen beizubringen, dass das Einstehen für Gleichberechtigung ihnen nichts wegnimmt. Besonders, da eine zitierte Studie der USC Annenberg School for Communication and Journalism ergab, dass ein Großteil von ihnen der Meinung ist, dass Feminismus mehr schadet als nutzt. Das typische Beispiel, das in Deutschland sehr präsent ist, bringt plakativ auf den Punkt, was ich meine: Wieso sollten Frauen darauf achten, wie sie sich auf Partys verhalten oder kleiden, damit ihnen nichts passiert? Müssten nicht eher Männer dafür sensibilisiert werden, dass sie immer verantwortlich sind, wenn sie ohne Konsens handeln? Der Kerngedanke hinter dieser Perspektive hätte die ansonsten sehr ausgewogen diskutierte Keynote meiner Meinung nach enorm bereichert.
Moody: Kein einzelner persönlicher Flop per se (Glück gehabt), aber es gab doch Momente, in denen ich eine Session erwischt habe, in der es ein wenig zu sehr um die Marke des Sessiongebers bzw. das eigene Branding ging. Aber auch dies war nicht allzu häufig der Fall.
Vielleicht war dieser Blogbeitrag anfangs noch um einiges länger. Schließlich lässt sich eine Veranstaltung mit über 4.000 Events nicht so easy auf wenige Worte herunterbrechen – zum Glück gibt es aber noch unseren Podcast „Kurzer Freitag“, in dem Chrissy und Moody noch mehr Insights zur SXSW teilen. Also, save the date für den 28.3.2024, wenn die neue Folge online geht! Bis es so weit ist, schaut gerne auch in unser Instagram-Highlight!