Kopenhagen und die Nachhaltigkeit: Wie ich auszog, um Urin-Bier zu trinken
Mannequin Challenge, Einhörner, Fidget Spinner - es gibt Trends, die sind so schnell wieder vorbei, wie sie gekommen sind. Es gibt aber auch Trends, die kommen, um zu bleiben, die für langfristige Veränderungen in der Gesellschaft sorgen und die von Bedeutung sind. Wer trendaffin sein will, sollte auch – oder eben gerade – diese Themen auf dem Schirm haben. Genau deshalb wollte ich mich im Rahmen meines
Work and Travels by Wake up mit vielleicht DEM Megatrend unserer Zeit beschäftigen: Nachhaltigkeit. Ein adäquates Reiseziel war schnell gefunden: 2014 von der europäischen Kommission als Umwelthauptstadt Europas ausgezeichnet und das ambitionierte Ziel vor Augen, bis 2025 die erste
CO2-neutrale Metropole der Welt zu werden: Kopenhagen, here I come!
Mitte Juni, pünktlich zum längsten Tag des Jahres, war es also so weit: Drei Tage in der
vielleicht umweltfreundlichsten Hauptstadt Europas standen an. Ich hatte viel gelesen, noch mehr recherchiert und trotzdem hatte ich – wie sich während meines Aufenthalts herausstellte – nicht annähernd eine Vorstellung davon, was es heißt, dass Kopenhagen DER place-to-be in Sachen nachhaltigem und gleichzeitig trendigem Lifestyle ist. Aber lest und seht selbst!
Food Trends the Danish Way – Alles Bio, oder was?
Dänisches Bio Food at its finest: Zimtschnecken von Cafe Rosa
An meinem Ankunftstag landete ich bereits um 10:30 Uhr morgens in Kopenhagen, bedeutete: gegen ca. 7:30 Uhr Check-in am Düsseldorfer Flughafen. Jeder, der mich kennt, weiß, ich hab’s nicht so mit dem frühen Aufstehen und bleibe
oftmals immer so lange im Bett, bis keine Zeit mehr zum Frühstücken bleibt – wie eben auch an diesem Tag. Als ich also gegen 11:30 Uhr mit knurrendem Magen endlich die Innenstadt Kopenhagens erreichte, war meine erste Amtshandlung: Essen fassen! Mehr zufällig als geplant stolperte ich direkt in die
Toverhallerne, einem Food Market, auf dem man sich von Fisch über Käse bis hin zu Gewürzen und Gin so ziemlich alles kaufen konnte, was das Herz begehrt. Sowohl mein Herz als auch mein Magen begehrten hier vor allem eines: typisch skandinavische Zimtschnecken und den zweiten Kaffee des Tages bei
Café Rosa. Das Ganze – wie sollte es anders sein – in Bioqualität. Auch viele andere Händler in der Toverhallerne setzen auf regionale, saisonale und ökologisch angebaute Produkte.
Suchbild: Wo ist das Porridge?
So zum Beispiel auch
Grød, wo ich mir an Tag 2 das wahrscheinlich beste Porridge meines Lebens zu Gemüte führte. Aus Mangel an Entscheidungslust und angeborener Gier nahm ich natürlich alle Toppings, die ich kriegen konnte. Vom Porridge selbst sieht man daher nicht mehr allzu viel – aber es war da, versprochen!
Gib deinem Leben einen Gin auf Paper Island
Ein weiteres Highlight in Sachen Street Food Market steuerte ich am Abend meines 2. Tages gezielt an: PapirØen oder
Paper Island. In den etwas außerhalb Kopenhagens gelegenen ehemaligen Papierlagerhallen der dänischen Presse residieren aktuell über 30 durchgestylte Foodtrucks, die feinstes Street Food servieren – und das natürlich in Bioqualität. Denn wer hier die hungrige Meute mit leckerem Essen verköstigen will, muss vorab nachweisen, dass er ausschließlich Biozutaten verwendet, sonst darf der Foodtruck nicht aufgestellt werden. Dieses Projekt ist nur eines der vielen Beispiele dafür, wie die Kopenhagener durch clevere Ideen nicht mehr genutzte Flächen zum Anziehungspunkt für Jung und Alt machen und es schaffen, dem Ganzen noch dazu einen nachhaltigen Dreh zu geben, als wäre es das Einfachste der Welt. Wer sich jetzt selbst auch auf den Weg nach Kopenhagen zur „Papierinsel“ machen möchte, der sollte sich beeilen: Nur noch bis Ende des Jahres läuft das Projekt und aktuell ist noch offen, wie es danach mit den gepachteten Flächen weitergeht.
Im Bier liegt die Kraft oder in meinem Fall: die Work-&-Travel-Welt
Pisner: Der Name ist Programm
Mein absolutes kulinarisches Highlight war jedoch: Bier (#schluckspechtPR). Ein Bier, das in einer braunen 0,4-Liter-Flasche all das vereinte, weshalb ich überhaupt nach Kopenhagen geflogen war: Trendspotting, Food & Drinks und Nachhaltigkeit. Bei Pisner, gebraut vom
Nørrebro Bryghus und erst am Tag meiner Anreise gelaunched (mehr up to date geht nicht!), ist der Name Programm: Hergestellt wird es unter anderem aus Urin von 50.000 Festivalbesuchern des bekannten
Roskilde Festivals. Upcycling at its best also oder auch: Beercycling. Wenn das nicht nachhaltig ist! Wer den Geschmackstest im Bewegtbild sehen möchte, dem sei meine Instagram Story von Tag 3 am Ende dieses Blogbeitrags ans Herz gelegt. Prost!
Copenhagen by Bike? Ride with Mike!
I want to ride my bicycle – on Tour mit BikeMike
Neben leckerer Food Trends hat Kopenhagen noch etwas anderes en masse zu bieten: Fahrräder und innerstädtische Fahrradwege. Kopenhagen ist durch und durch eine Fahrradstadt und ein Drittel der Bevölkerung fährt hier jeden Tag mit dem Rad zur Schule, Uni oder Arbeit – bei über einer Million Einwohnern sind das einige Räder auf der Straße. Was liegt also näher, als die Stadt auch per velo zu erkunden? Richtig, nichts! Also stürzte ich mich an Tag 2 meines Work & Travels mit
BikeMike und fünf weiteren mutigen Touristen in den verrückten Fahrradverkehr Kopenhagens. Fazit: Ich kann es zur Erkundung der Stadt mehr als empfehlen!
Auch Mike bestätigte uns auf dieser Tour mehrmals, dass Kopenhagen einfach DIE Metropole in Sachen Nachhaltigkeit und „grünem Lifestyle“ ist. Dafür sparte er nicht an Beispielen: Das Hafenbecken der Stadt ist so sauber, dass man dort
bedenkenlos schwimmen kann, die Busse in der Innenstadt werden ausschließlich mit Elektromotoren betrieben und auch radelten wir an Luxus-Immobilien vorbei, die energiesparend und komplett aus recycelten Materialien gebaut waren.
Häuser aus recycelten Materialien – natürlich mit Style
Außerdem nahm in diesen Tagen Kopenhagens neue Müllverbrennungsanlage
Amager Bakke ihren Betrieb auf, die für die Bewohner Kopenhagens direkt mal drei Funktionen erfüllt: Müllverbrennung, Versorgung der Stadt mit Energie und Fernwärme sowie Naherholung. Denn auf das Dach dieser „waste-to-energy“-Anlage wurde kurzerhand ein Naherholungsgebiet inklusive Skipiste gebaut. Wirklich ein Meisterwerk in Sachen Ingenieurs- und Architekturkunst und ein weiteres Paradebeispiel dafür, dass die Dänen wissen, wie man Nachhaltigkeit für die Bevölkerung attraktiv und begehrenswert gestalten kann. Wer dazu mehr sehen will: Ab zur Instagram Story von Tag 1 (siehe unten)!
Einmal zum Mitnehmen bitte: Die Lebenseinstellung der Dänen
Natürlich kommt solch ein Bewusstsein für nachhaltige Themen nicht von ungefähr. Wie Mike uns erzählte, sind Dänemarks Wohlfahrtsstaat und Demokratie insbesondere auf dem Leitsatz des Gründungsvaters
Grundtvig gebaut, der bis heute in vielen Bereichen für die Dänen seine Gültigkeit hat: „A country not only for the few but for many“. So ist Dänemark das Land mit der kleinsten Rate an Einkommensungleichheit und die Dänen wissen eben auch: Nur wenn wir alle unseren ökologischen Fußabdruck verringern, bleibt dieses Land auf lange Sicht ein Land für uns alle. Recht haben sie!
Nikolai Frederik Severin Grundtvig – guter Mann
Ein anderes Motto des kleinen nordischen Völkchens ist laut Mike „Let’s see what we can get, the rest will follow“. Und auch danach wird hier gelebt. Anstatt wie vielerorts im Parlament darüber zu diskutieren, was man eventuell in puncto Nachhaltigkeit tun könnte, oder ob man überhaupt etwas tun könnte, ist – wie zum Beispiel das Projekt Amager Bakke zeigt – der dänischen Regierung, schon längst klar: Die Klimaerwärmung ist real, jetzt lasst uns viel, viel Geld in nachhaltige Technologien und durchdachte Projekte investieren, wo es nur geht. Oder um es auf den Punkt zu bringen: In Sachen Nachhaltigkeit gibt es nur ein Gas – Vollgas nach vorne! Und alles andere wird sich dann schon zeigen.
Wenn ich also eins in meinen drei Tagen Kopenhagen gelernt habe, dann, dass wir uns von der Einstellung der Dänen, jeder für sich, eine riesige Scheibe abschneiden können und dass Nachhaltigkeit alles andere als spießig ist. Wie so oft im Leben muss man es eben nur mit Überzeugung und einem Funken Kreativität angehen. In dem Sinne: Let’s see what we can get, the rest will follow!
Anhang: Keine Roaming-Gebühren = Instagram Stories ohne Ende
Wem das jetzt gegen Ende doch ein bisschen zu sentimental wurde, der kann von Glück reden, dass es mich nicht nur pünktlich zur Sommersonnenwende nach Kopenhagen verschlagen hat, sondern auch pünktlich zum Wegfall der Roaming-Gebühren im EU-Ausland. So konnte ich meine drei Tage Kopenhagen via Instagram Stories nahezu in Echtzeit im Bewegtbildformat festhalten, was – laut Aussage meiner Kollegen – recht kurzweilig und erheiternd gewesen sein soll (bitteschön, gern geschehen!). Hier also noch einmal die volle Dröhnung Kopenhagen zum Anschauen: