Rigas Seele zwischen Tradition und Moderne entdecken (Teil 1)
Es war einmal ein Tag zu meinen Studentenzeiten, an dem ich in einem Reise-Magazin ziemlich zufällig über Riga stolperte und mich direkt in diese Stadt verliebte. Als Nadja uns dann Ende 2016 von ihrer Idee für Work & Travel by
Wake up berichtete, wusste ich sofort, wo es für mich hingehen sollte: Riga.
Je tiefer ich ins Thema eintauchte, desto mehr wuchs meine Sympathie für die lettische Metropole, die außerdem Kulturhauptstadt Europas ist UND zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Während der langen Geschichte sorgten deutsche, schwedische und russische Bräuche für eine einzigartige Vielfalt, die Rigas Charme noch heute prägt und zum Schnittpunkt zwischen Ost und West macht.
Chrissy ist bereit für Work and Travel by WUC in Riga
Ein neues Gewand für Riga
In Riga trifft Tradition Moderne
Das Alter der ehemaligen Hansestadt täuscht auf den ersten Blick darüber hinweg, dass sich Riga in den vergangenen Jahren ganz schön herausgeputzt hat. Die „Perle des Baltikums“ geht mit der Zeit und das nicht nur, weil es hier fast überall kostenfreies WLAN gibt. Immerhin gehört sie zu den dynamischsten und am schnellsten wachsenden Städten Europas. Eine spannende Mischung zwischen Tradition und Moderne, die ich mir nicht entgehen lassen konnte.
Und so stieg ich an einem verregneten Dienstagmittag in eine antik anmutende Propeller-Maschine, die mich in 2,5 Stunden an mein Ziel brachte. Einer meiner ersten Eindrücke war dann auch tatsächlich, dass sich überall Relikte der Vergangenheit zeigen, die mit großem Aufwand ins Jetzt und Hier transportiert werden. Das perfekte Beispiel ist mein
Airbnb, das zeitgemäß eingerichtet ist und sich eine historische Backsteinwand mit den Räumlichkeiten des ersten deutschen Theaters der Stadt teilt. Der Innenhof drum herum wurde gerade aufgehübscht. Oftmals wirkte auch die restliche City auf mich wie eine einzige Baustelle.
Allerdings hatten die Bauten der Stadt mein Herz ja schon erobert, bevor ich überhaupt je einen Fuß auf lettischen Boden setzte. Aus unserer Perspektive mögen üppig verzierte Häuser der bedeutendsten Jugendstilstadt der Welt zwar erstmal alt wirken. Spannend ist aber, dass sie bei ihrer Entstehung eine Gegenreaktion auf den Historismus waren. Junge Künstler wurden beauftragt, Visionen für neue Wohnviertel, Warenhäuser und öffentliche Gebäude zu schaffen und der Stadt so ein modernes Gesicht zu geben. Auf diese Weise sollten Kunst und Leben miteinander verschmelzen. Aber nicht nur darin zeigt die Stadt ihre kreative Ader.
Die Elizabetes iela im Jugendstilzentrum der Stadt
Kreativ und hip: das junge Riga
Denn wie in fast jeder Großstadt gibt es auch in Riga Gegenden, die lange eher verrufen waren, jetzt aber boomen. Genau diese Ecken hätte ich gerne bei der
Free Walking Tour erkundet, bei der ich an Tag 2 Riga mit den Augen eines Einheimischen betrachten wollte. Leider haben wir aber nur das ehemalige Speicherquartier Spīķeri flüchtig gestreift. Dort siedeln sich seit 2013 viele kreative Gewerbe an und im Sommer lockt der Bezirk direkt an der Daugava mit Open-Air-Events.
Etwas ganz Ähnliches ist auch mit der Miera iela (iela bedeutet Straße) passiert. Dank Galerien, Werkstätten und einer Tauschbörse für Zimmerpflanzen erklärte
Skyscanner die Straße zum weltweit hipsten Stadtviertel. Wirkliche Überraschungen in Sachen Retail-Konzepte sind mir aber weder hier noch im Spīķeri ins Auge gesprungen. Noch weniger auf der Elizabetes iela im Jugendstilzentrum der Stadt. Dort hatte ich mit spannenden Pop-up-Shops und Concept Stores gerechnet, sie aber nirgends entdeckt. Dabei hätte das total gut zu Riga und seinem Spagat zwischen Tradition und Moderne gepasst.
Vielleicht haben auch einfach die 2,5 Tage in Riga nicht gereicht, um solche Diamanten aufzustöbern. Unterstützung dabei hatte ich mir auch von der Free Walking Tour erwartet. Diesen Rundgang habe ich vor allem mitgemacht, um einen Einblick in die Welt junger Letten zu bekommen. Die sind nach Jahrhunderten Besatzung ja gerade erst dabei, ihre eigene Identität zu formen. Doch diese Rundgänge sind durch den individuellen Blickwinkel des Guides immer sehr abhängig von der jeweiligen Person. Da über 60 Personen mitziehen wollten, wurde die Gruppe kurzerhand geteilt und ich nicht vom unterhaltsamen Caspars, sondern der eher klassischen Anna durch die Stadt geführt.
Das junge Lettland
Riga kann auch sehr kreativ
Ein leckerer Vorgeschmack auf Teil 2
Trotzdem hatte ich während meines Aufenthalts in Riga genug Zeit, mir ein Bild vom dortigen Alltag zu machen. Mir erschienen die Rigaer sehr verbunden mit ihrer Geschichte und ihren Traditionen. Dabei schaffen sie es aber stets allem eine frische Note zu geben. Das ist auch der Ansatz des
Austra, das traditionelle Gerichte modern umsetzt und das ich an meinem zweiten Abend ansteuerte. Leider war aber ausgerechnet dann eine geschlossene Gesellschaft, sodass ich am Craft-Beer-Hotspot
Labietis mein Glück versuchte. Hier konnte ich Kamīns, ein Bier mit Kamille, kosten, zu essen bekam ich aber nichts.
Der Zwischenstopp in der etwas verfallenen Fabrikanlage war das steigende Hungergefühl dennoch wert. Die Letten nennen Bier Alus, zählen es zu ihren Lieblingsgetränken und brauen es schon seit dem Mittelalter. Daher stammen auch die Ideen für die mittlerweile über 40 Sorten von Labietis, deren Name übrigens auf einen vorchristlichen lettischen Krieger anspielt. Die Rezepte mit Heidekraut, Schafgarbe oder Wacholder sind also eine Neuinterpretation eines jahrhundertealten Handwerks. Im Brewpub angeboten werden jedoch immer nur 12 Sorten, bei deren Zubereitung alle Gäste zuschauen können. Danach können sie sich ihr Bier auch für zu Hause abfüllen lassen. Beer to go quasi.
Ihr seht: In Riga hat es Tradition, auf Altbewährtes zu setzen und dieses aufzupeppen – im wörtlichen und übertragenen Sinne. Wie sie das noch schaffen und was es mit den Katzen auf sich hat, erfahrt ihr in
Teil 2 meines Blogbeitrags. Stay tuned!
[gallery columns="2" size="medium" ids="5444,5427"]