Open Source Congress 2018. Eine Inspiration für eure (intellektuelle) Sommerlektüre
Es ist Urlaubszeit für viele in unserer aufgeweckten PR-Agentur und somit vielleicht auch die Gelegenheit, endlich mal wieder ein Buch in die Hand zu nehmen und ein wenig zu schmökern. Wenn es diesen Sommer mal etwas anspruchsvoller sein soll, dann habe ich hier einige Tipps für eure intellektuelle Sommerlektüre. Inspiriert wurde ich durch den ersten Open Source Congress in Düsseldorf, bei dem die Redner aus den verschiedensten Bereichen wie Architektur, Design, Digitalisierung, Politik oder Philosophie zusammen kamen und Input über branchenspezifische aber auch gesamtgesellschaftliche Themen gegeben haben.

Richard David Precht auf der Bühne des Open Source Congress
Erstmal vorweg: So einen schönen Veranstaltungsort für einen Kongress gibt es wohl selten. Der Open Source Congress fand auf der Galopprennbahn in Düsseldorf mitten im Grünen und unter freiem Himmel statt. Die Tube Sonnencreme war hier also genauso essentiell wie der Notizblock. Die Rennbahn ist aber nicht nur unter Pferdeliebhabern bekannt. Auch Musik- und Kulturfans kommen jährlich für das Open Source Festival hierher. Der Kongress, der einen Tag vor dem eigentlichen Festival stattfindet, stellt somit eine Erweiterung des Konzepts dar mit dem Ziel, (noch mehr) Kreativschaffende zusammenzubringen.
Beim ersten Blick auf die Programmübersicht war mein Gedanke: „Okay, Mittagspause musst du streichen.“ Denn die Fülle an spannenden Keynotes, Paneltalks und Workshops war groß und meine ‚Fear of Missing out‘, kurz FOMO, dementsprechend auch. Aber die offene und flexible Struktur des Kongresses hat es dann doch möglich gemacht, sowohl Wissensspeicher als auch Bauch zu füllen. Meine persönlichen Highlights der Veranstaltung stelle ich euch in diesem Beitrag detaillierter vor.
Wir leben in revolutionären Zeiten
Okay, ich gebe zu: von Richard David Precht war ich vorher schon ein Fangirl. Entsprechend groß waren meine Erwartungen an seinen Vortrag, der den Kongress eröffnete – und sie wurden nicht enttäuscht! Precht schafft es immer wieder, komplexe Sachverhalte und große Fragen der Gesellschaft auch für Nicht-Philosophen (wie mich) verständlich zu machen und neue Denkanstöße zu geben. Dabei grenzt er sich thematisch nicht ein – von Liebe, über Tierethik bis hin zum Bildungssystem ist alles dabei. Hier in Düsseldorf ging es um die Zukunft der Arbeit. Seine Kernthese: Wir leben in revolutionären Zeiten, aber wir wissen es nicht. Laut Precht sei die Gegenwart mit der Industriellen Revolution vergleichbar, da auch heutzutage ein Umbruch stattfindet, bei dem Maschinen menschliche Arbeit ersetzen. Mit Prechts Worten:
„In der Arbeitswelt der Zukunft werden wenige Menschen Computern sagen, was diese zu tun haben, aber immer mehr Menschen das tun, was Computer ihnen sagen. Was bedeutet das für unsere Wirtschaft, unseren Arbeitsmarkt und den sozialen Kitt in unserer Gesellschaft?“
Habt ihr Interesse an diesem Thema? Dann schaut doch mal in meinen Lesetipp Nummer 1, Prechts neues Buch „Jäger, Hirten, Kritiker. Eine Utopie für die digitale Gesellschaft.“
Wie privat wird unsere Zukunft sein?
Über unsere Zukunft macht sich auch der Psychologe Dr. Michal Kosinski Gedanken, ein Spezialist im Bereich der Psychometrie. In seinen Forschungen beschäftigt er sich mit der Analyse des Menschen auf Grundlage der digitalen Spuren, die wir hinterlassen. Doch was bedeutet das zukünftig für unsere Privatsphäre?
Unsere Daten hinterlassen wir an vielen Stellen – bei der Nutzung von sozialen Netzwerken bis hin zur Bezahlung per Kreditkarte. „Wer bezahlt von euch Gebühren für Banktransaktionen?“, fragt Kosinsksi das Publikum. Nur vereinzelte Hände melden sich. Der Rest zahlt mittlerweile (bewusst oder unbewusst) mit seinen Daten und mit deren Generierung wird wiederum Geld verdient. Kosinskis Prognose:
„Angesichts der Fortschritte in der künstlichen Intelligenz und im Computerbereich sollten wir uns auf die Zukunft vorbereiten, in der Privatsphäre ein Privileg ist, das nur wenigen vorbehalten ist.“
Die Informationen, die aus den generierten Daten gewonnen werden, können durchaus positive Auswirkungen haben: Wie praktisch, wenn mein bevorzugtes Online-Netzwerk mir Posts zu genau den Themen in den Newsfeed spielt, die mich wirklich interessieren. Oder wenn der von mir favorisierte Online-Buchhandel meinen Geschmack kennt und mir die passenden Neuerscheinungen zeigt. Keine Frage, unsere digitalen Spuren sparen uns Geld, Zeit und Ressourcen. Die Kehrseite der Medaille: Über die Daten lassen sich beispielsweise Rückschlüsse auf unsere sexuelle Orientierung ziehen. Eine Information, die in vielen Teilen der Erde gefährlich sein kann. Wenn ihr mehr über Kosinskis Arbeiten erfahren wollt, dann findet ihr hier sicher den für euch passenden Lesetipp Nummer 2.

Fynn Kliemann im Interview mit Britt Wandhöfer.
Theorie? Nein danke! Einfach mal machen
Weg von der Theorie, hin zur Praxis bzw. zu Fynn Klieman – ein Typ, der gefühlt jede Woche ein neues Projekt hat. Auf ihn habe ich mich ebenfalls sehr gefreut, denn seine Insta-Stories amüsieren mich jeden Morgen beim Frühstück (angucken!). Und falls ich mal plane, eine Eierverschenkmaschine oder einen Pneumatischen Selfie Stick zu bauen, dann weiß ich dank seiner Youtube-Videos, wie es funktioniert. Doch Social Media und Heimwerkervideos sind nicht alles, wofür Fynn Kliemann bekannt ist. Er hat eine eigene Webagentur, macht Musik, betreibt das Kliemannsland und und und. Herausragend ist für mich seine Einstellung zur Arbeit, da er bei neuen Herausforderungen einfach loslegt, ohne sich viele Gedanken um eventuelle Zwischenfälle zu machen. Wenn ihm die Rahmenbedingungen der Arbeit mit Verlagshäusern oder Plattenfirmen nicht gefallen, dann gründet er diese einfach selbst. Und wenn er auf Probleme stößt, dann bleibt er so lange dran, bis er eine Lösung findet.
Fynn Kliemann hat eine so lockere und ehrliche Art, die es schafft, einen motiviert nach dem Talk zurückzulassen, auch wenn seine Ansätze eigentlich ziemlich trivial sind. Zu meiner Sommerlektüreliste für euch kommt er übrigens auch dazu: Sein Buch ÖV AEÖV EUEIJ erfüllt das Kriterium ‚intellektuell‘ zwar nicht wirklich, aber ich bin mir sicher, dass die 21 skurrilen Kurzgeschichten über Freizeitwrestling aus Kiel oder blinde Rennfahrer für den ein oder anderen Lacher unter dem Sonnenschirm sorgen.
Open Source Congress 2019, yes!
Mein Fazit zum ersten Open Source Congress: Schön war’s! Sowohl die Auswahl an Rednern, als auch die festivalartige Atmosphäre auf dem Gelände machten die Veranstaltung zu etwas Besonderem. Zwischen dem ganzen Input blieb dadurch immer Zeit für ein kleines Pläuschchen mit anderen Teilnehmern. Den ersten Kontakt hatte ich übrigens schon vor Veranstaltungsbeginn, als ich etwas ratlos an der Zielhaltestelle stand. Beim Musikfestival fährt von dort direkt ein Shuttlebus zur Galopprennbahn und erspart einem den langen und steilen Fußmarsch. Diesen Service gab es beim Kongress nicht. Aber zum Glück fand ich eine nette Mitfahrgelegenheit. (Danke an die Kollegen von K12!). Beim nächsten Mal dann vielleicht mit Bussen, liebes Open Source Team? Ich wäre auf jeden Fall wieder dabei.
Was sind eure Eindrücke vom Open Source Congress? Welcher Programmpunkt war euer Highlight? Wir freuen uns über eure Kommentare!